So, 10.Feb 2008, 22:16
von Dreiachser
Hallo zusammen,
ich denke öfter über Wertigkeiten nach, aber nicht über materielle, jedenfalls nicht in dem Sinne wie Dionysius888. Das liegt schlicht und einfach daran, dass ein Dominabesuch für mich in der Tat etwas Besonderes ist, das ich mir nur etwa dreimal im Jahr leisten kann, aber auch leisten will. Ich gehöre nicht zu den Reichen, ich muss auch mein Geld einteilen und heute ebenfalls mehr als noch vor ein paar Jahren, wie fast jeder von uns, darüber brauchen wir nicht zu reden, aber was Besonderes gönne ich mir dann und wann. Und SM ist für mich eine sehr spezielle Art von Entspannung, die ich viele Jahre lang vermisst habe, in der ersten Zeit ohne es zu wissen, später mangels Gelegenheit nicht ausprobieren konnte. Ich musste 38 Jahre alt werden, bis ich meinen ersten Dominabesuch realisieren konnte, und er war eine Offenbarung für mich. Aber würde ich jede Woche oder jeden Monat hingehen, wäre es für mich bald so alltäglich wie für jemanden, der in München wohnt und dreimal die Woche im Lokal von Alfons Schuhbeck oder Eckhard Witzigmann essen geht und es ihm dann irgendwann genau so fad dort schmeckt wie früher als Lehrling in der Betriebskantine. Was hat er dann davon? Unzufrieden ist er, langweilig ist ihm, es geht ihm zu gut und er weiß die guten Dinge nicht mehr zu schätzen. Und Qualität bekommt er dort serviert, das dürfte unumstritten sein, Gammelfleisch dürfte es bei Schuhbeck und Witzigmann nicht geben, während es in mancher Imbissbude schon gefunden wurde. Aber sicher gibt es manchen Stammkunden bei der Pommesbude, der sich in seltenen Fällen ein Menü beim Sternekoch leistet, das dann einen dreistelligen Euro-Betrag verschlingt, und ein anderer, der einen alten verbeulten Kleinwagen fährt, geht vielleicht einmal im Jahr zur Autovermietung und mietet sich einen Luxuswagen, einen Rolls Royce, um richtig gediegen durch die Lande zu fahren, oder sagen wir einen Ferrari, um mit 300 Sachen über eine Autobahn zu heizen, wenn er noch eine findet in Deutschland, die leer genug ist für so eine Fahrt. Für den einen ist dieses ein besonderer Wert, für den anderen jenes, für den einen ist dies der Hochgenuss, für den anderen jenes, aber objektiv ist es ein verschiedener Wert. Ein Menü beim Sternekoch ist objektiv und rein materiell anderswertig als die Tagesmiete für einen Rolls oder Ferrari, aber auf der anderen Seite ist ein Empfänger von Hartz IV, der sich in einem Lokal in seiner heimatlichen Kleinstadt kein Rindersteak für 20 Euro mehr leisten kann, das er früher, als es ihm noch gut ging und er noch Arbeit hatte, jede Woche einmal aß, froh darüber, wenn er einen befristeten Job bekommt und es sich dann von dem Lohn dafür einfach leistet, auch wenn daheim die Fenster gestrichen werden müssten und er sich von dem Geld eigentlich Farbe kaufen sollte, aber dieser lange entbehrte Genuss musste einfach sein. Was ist hier mit dem Wert? Für den Empfänger von Hartz IV sind 20 Euro für ein Rindersteak ein fast unerschwinglicher Preis, während Karl Reichling täglich für 200 Euro beim Sternekoch speist und sich ständig über dieses und jenes beschwert, weil er gar nicht mehr weiß, was gut ist.
Um also zurück zum Beispiel Dominabesuch zu gehen: Würde ich jede Woche zur Domina gehen, wenn ich es mir leisten könnte, was wäre dann? Ich hätte bald nichts mehr davon, es wäre für mich irgendwann tägliche oder wöchentliche Routine, wie der Kaffee am Morgen oder jeden Abend im Forum hier die neuen Beiträge abchecken. (Aber jetzt nicht falsch verstehen: DAS FORUM HIER IST KEINE ÖDE ROUTINE FÜR MICH!!!). Ich will nur damit sagen, dass es nichts Besonderes mehr wäre.
Natürlich mache ich mir Gedanken, was ich mit meinem Geld mache, es ist schließlich sauer verdient und lange zusammengespart, die Sessions müssen wochenlang geplant werden, es müssen bei mir mehrere Ereignisse zusammenkommen, dass ich überhaupt einen Termin mit einer Domina abmachen kann, da geht spontan sowieso nichts. Und natürlich beruhige ich auch ab und zu mein Gewissen, gerade kürzlich vor Weihnachten.
Da wir in der Familie die gegenseitige Weihnachtsschenkerei abgeschafft haben, hatte ich vom Weihnachtsgeld noch einiges übrig. Ich hatte schon bei der Terminabsprache mit der Dame am 20.12. vereinbart, dass der Tribut für die Session 300 Euro betragen würde. Ich habe also 300 Euro an caritative Organisationen gespendet und 300 Euro für die Session übrig behalten. Dass dann zwei Tage später andere Ereignisse eintraten und die Session bis heute nicht stattfand, weil mein Vater mit Krebs ins Krankenhaus kam, das konnte ja niemand ahnen. Inzwischen liegen die 300 Euro für Medikamente bereit, die mein Vater möglicherweise als Unterstützung für die Chemotherapie braucht und die die Krankenkasse nicht zahlt. Natürlich ahnt niemand von meinen Leuten etwas davon, wofür das Geld ursprünglich vorgesehen war, und das brauchen sie auch nicht zu erfahren. Für mich steht nur fest, dass ich das tue, denn mein Vater war immer für mich da, seit ich lebe, und jetzt kann ich endlich mal was für ihn tun, wenn ich ihm schon nicht anderweitig helfen kann. So gesehen verzichte ich gerne auf die Session und wenn ich ihm damit helfen könnte noch auf die fünf nächsten, wenn es was nützen würde und er diese Krankheit übersteht und er und meine Mutter noch ein paar schöne Jahre zusammen haben, wenn das überstanden ist.
So gesehen haben sich Vergleiche von Wertigkeiten von Dominabesuchen und anderen Leistungen von selbst erledigt. Und an Goldmünzen und derlei Wertanlagen habe ich kein Interesse.
In diesem Sinne bis neulich. Gruß Dreiachser.