Mo, 14.Apr 2025, 22:26
von inp
Sehr weites Feld – wenn drei Leute über Findom reden, reden sie oft über drei verschiedene Dinge und weit aneinander vorbei. Aber Findom ist keine böse Macht, die sich ausbreitet und vor der man Angst haben muss:
Kennt ihr den Witz, dass Findom früher “Ehe” hieß und wesentlich teurer war? Naja. Aber es hat natürlich einen wahren Kern: das Konzept, dass sich eine Frau von einem Mann aushalten lässt, mit mehr oder weniger Dominanz, und dass der Mann das mehr oder weniger geil findet, ist uralt – neu hinzugekommen sind die kurzen weltweiten Wege und die Anonymität des Internet.
Princess Sierra behauptet sie hat’s erfunden, und soweit ich weiß, widerspricht ihr auch niemand: unter financialdomination.com war sie wohl die erste, die beim Verkauf von Content nicht den Content, sondern das Bezahlen in den Mittelpunkt gestellt hat. Sie ist schon seit Jahren “offiziell in Ruhestand”, das heißt es gibt keine neuen Fotos oder Videos und auch keine Telefon-Hotline, sondern nur noch Ansprüche: auf Twitter postet sie Selfies auf der Farm in Montana, auf der sie mit ihrer Partnerin lebt, und jede Menge Zahlungsaufforderungen: “Brad… you are late.” Absolut faszinierend – sie ist vielleicht die einzige, die das seit Jahren erfolgreich in Alltagsklamotten durchzieht, ohne Fotoshootings und Videodrehs, und ohne Anrufe entgegenzunehmen.
So betrachtet ist Findom durchaus ein neues Phänomen, und ein Internet-Ding, auch wenn die Fantasie dahinter nicht neu ist. Kulturell betrachtet würde ich es in die selbe Ecke stellen wie die Webcam-Plattformen, die Clip Sites – oder auch die Influencer, um mal ein Beispiel aus der Vanille-Welt zu nehmen. Neue Formen, die der technische Fortschritt möglich gemacht hat.
Soviel zur Frage, warum das gerade in den letzten Jahren so explodiert. Aber ich will mal auf zwei Punkte hinweisen, über die selten geredet wird, die jedoch zum Verständnis wichtig sind:
Erstens ist Findom zunächst mal nicht mehr als eine Fantasie: in der Realität sieht das zum Beispiel so aus, dass jemand eine teure Hotline anruft und mit der Herrin darüber redet, wie er in Zukunft jeden Monat sein Gehalt abzüglich eines kleinen Taschengeldes überweisen wird, damit sie in Luxus schwelgen kann, während er trockenen Reis frisst. Das geht fünf bis zehn Minuten, dann kommt er und legt auf. Da wechseln keine ruinösen Beträge den Besitzer, und die gnadenlose Ausbeutung des unterwürfigen Knechts durch die dominante Herrin ist lediglich das Thema, die Fantasie. Natürlich kann man das auch in echt knallhart durchziehen, und da kann es auch problematisch werden, aber normalerweise sind Fantasie und Realität weit voneinander entfernt, so wie bei anderen Fetischen auch.
Der zweite Punkt, der gerne übersehen wird: Findom geht eigentlich immer mit einem anderen Fetisch einher, in der Regel Demütigung und Erniedrigung. Und in einer Welt, in der Erfolg in Geld gemessen wird, ist die Forderung nach Geld, scheinbar ohne Gegenleistung, eine Machtdemonstration und eine Erniedrigung. Und der Spott und das Unverständnis von Dritten gehört auch mit dazu: “Wie kann man nur auf Kommando einfach bezahlen, das ist ja jämmerlich.”
Findom, so wie es meistens definiert wird, unpersönlich, vulgär, online, lehne ich auch ab – gibt mir nicht das, was ich brauche. Letztendlich suchen wir ja alle Aufmerksamkeit, wir wollen unsere Neigungen mit jemandem teilen. Der Witz an der Sache (und einer der vielen scheinbaren Widersprüche, von denen BDSM lebt) ist natürlich, dass besonders wenig Aufmerksamkeit das Machtgefälle besonders betont und einen besonderen Kick darstellt – für mich auch, aber nur in kleinen Dosen: als Gesamtentwurf ist mir das zu krass, ich brauche die Aufmerksamkeit meiner Herrin zu sehr.
Aber so wie ich es erlebt habe, als einzelne Facette einer größeren Geschichte, ergibt es für mich Sinn und hat mir einige unvergessliche Momente beschert: das war eine private Beziehung – wir waren zuvor befreundet aber nicht liiert, es war eine reine Erziehungsdynamik, sie hatte jederzeit Zugriff auf mich und hat soviel Zeit investiert, wie sie wollte. Dabei wurden keine Stunden gezählt und kein Geld bezahlt, aber Geschenke und Aufmerksamkeiten waren ein Teil des Ganzen, so wie es der Dynamik zwischen Herrin und Untergebenem entspricht.
Im Laufe der Zeit pendelte sich das ein und wurde mehr und mehr in das Verhältnis eingeflochten – aber nicht mehr und mehr im Sinne von immer größeren Zuwendungen, sondern nach und nach in der Form von Forderungen und Anweisungen, die ich zu befolgen hatte: als sie für ein Treffen Studioräume mieten wollte und ich anbot, die Kosten zu übernehmen, lachte sie und sagte “wer denn sonst?” Wenn sie anmerkte, dass sie zum Beispiel keinen Gin mehr zuhause hat, hatte ich unverzüglich eine Flasche an ihre Adresse zu bestellen oder persönlich abzuliefern – wobei sie mir oft wortlos die Tür vor der Nase zuknallte, um mir zu verdeutlichen, dass ich meine Aufgabe zu erfüllen und sonst nichts zu wollen habe. Mitunter auch mal um ein Uhr nachts, wenn sie Gäste bei sich zuhause hatte.
Shopping-Exzesse und ein Ausreizen meiner Kreditkarte gab es nie, aber Zuchtinstrumente kaufte sie gern in meinem Beisein, denn in Sexshops und auf Fetischbörsen konnte sie ungezwungen über alles plaudern und mich dann demonstrativ zum Bezahlen herbeiwinken. Auf dem London Alternative Market mündete es auch manchmal in einer fröhlichen Runde, wenn sie mit Leuten ins Gespräch kam – bei Kaffee oder Drinks auf meine Kosten. Ansonsten gab es hin und wieder einen spontanen Schuhkauf, wenn wir gemeinsam in der Stadt waren – wenn sie da ohne mich anzuschauen mit den Fingern schnippte und ich meinen Geldbeutel zückte, erntete es bei der Belegschaft ein Schmunzeln.
Etwas teurer wurde es manchmal, wenn sie feine Dessous haben wollte – für ein Date. Dementsprechend hatte ich die gewünschte Wäsche online zu kaufen, bekam sie aber nie zu Gesicht. Ich wusste auch immer genau wann das neue iPhone rauskam, denn wenn das nicht zeitnah und unaufgefordert bei ihr eintraf, hatte das empfindliche Strafen zur Folge. Das Vorjahresmodell schenkte sie immer einer Freundin, die auch von mir wusste. Und natürlich war ihr Geburtstag der wichtigste Tag in meinem Kalender.
Das alles hielt sich aber immer in Grenzen – es war nicht mehr als das, was ich in jeder anderen Beziehung für Geschenke, Abendessen, Ausflüge und andere Aktivitäten ausgegeben hätte. Der Symbolcharakter stand immer im Vordergrund: als Twitter noch Twitter war, unterhielt meine Erzieherin dort Twitter-Freundschaften, einige davon mit professionellen Dominas. Wenn ich Teil der Konversation war, hatte ich mich für deren Aufmerksamkeit zu bedanken, und zwar nicht mit leeren Händen: meistens war eine Kleinigkeit von der Wunschliste der jeweiligen Dame fällig. Übrigens auch ein Zeichen der Zeit: vor zehn Jahren wurden dann meistens noch Fotos von den Sachen gepostet, einige Zeit später hatte sich das dann anders eingegroovt – ich kann mich noch gut an die Beschwerde einer Freundin erinnern, dass ihr YSL-Mascara in einer beschädigten Schachtel angekommen war, was schmerzhafte Konsequenzen für mich hatte. Auch Verspätungen wurden nicht toleriert. Und so weiter, es gab noch ein paar andere Methoden, die sie anwandte.
Das kann man das jetzt alles Findom nennen oder auch nicht, ich will damit nur sagen, dass das Dom der entscheidende Teil ist, nicht das Fin: Findom kann eine pure Fantasie sein, bei der in Wirklichkeit nur sehr geringe Beträge fließen, und Findom kann Teil einer größeren Dynamik sein, ein Machtinstrument oder eine erzieherische Maßnahme.
Und dann gibt es eben noch Frauen, die online auftreten und nur das Zahlen in den Mittelpunkt stellen. Das ist die sichtbarste Variante, weil es da sehr viele Mädchen gibt, die mit Stinkefinger und Geldscheinfächer ihr Glück versuchen, und nicht alle von ihnen verfolgen damit eine Philosophie, oder sind überhaupt dominant. Wer da Abzocke vermutet, dem würde ich nicht widersprechen, und das Missverhältnis zwischen denen und Frauen, die das seriös – und erfolgreich – durchziehen, ist riesig.
Wie gesagt: seriös oder nicht, ich will auch keine anonyme Drohne sein, die jeden Monat Geld überweist und damit den Lebensstil einer fremden Frau finanziert – aber ich muss das ja auch nicht machen, so wie ich keine rosa Kleidchen anziehen muss, nur weil eine Dame Forced Femme oder Sissy-Erziehung anbietet.
Es wird auch nicht immer schwerer, Femdom ohne Findom zu finden – der Threadtitel irritiert mich, auch deshalb habe ich das alles mal aufgeschrieben. Wenn eure Herrin plötzlich anfängt, teure Geschenke zu verlangen, dann müsst ihr das eben klären. Ihr seid doch große Jungs und könnt der Dame sagen, dass Kostenkontrolle euer Fetisch ist, nicht Findom.