mein heutiges Erlebnis will ich euch nicht vorenthalten.
Viel Spaß beim Lesen:
Um 18 Uhr erwartete ich heute einen Gast.
Frohgemut machte ich mich Nachmittags von zu Hause auf den Weg und war gegen 16.00 Uhr in Harburg.
Kurz vor der Julius-Ludowieg-Straße sah ich die Polizeiabsperrung.
Ich bog in die nächste Querstraße rechts ab, um einmal um den Block zu fahren.
Bekanntlich führen ja viele Wege nach Rom.
Als ich an der nächsten Kreuzung hielt, sah ich eine weitere Polizeiabsperrung. Gleichzeitig fiel mir der – über mir – kreisende Hubschrauber auf.
Nun war mir klar, daß es sich nicht um einen Verkehrsunfall handeln konnte. Vielleicht ein Terrorakt? Immerhin hatten die Attentäter des 11.September ihre Bomben im Stadtteil Harburg gebastelt, nicht weit von meinem Studio entfernt.
Ich quälte mich langsam durch den dichten Verkehr und kreiste mein Ziel weiter ein.
Doch immer wieder wurde ich von Polizeiabriegelungen gehindert, in mein Schlösschen zu gelangen.
In der Harburger Innenstadt fand ich wie durch ein Wunder einen Parkplatz.
Es war 16.30 Uhr.
Der nächste Polizist samt rot-weiß-flatterndem Absperrband war nur ein paar Meter entfernt.
“Bombenentschärfung”, erklärte er.
Neben ihm stand eine gehbehinderte ältere Dame, die verzweifelt nach einem Taxi Ausschau hielt.
Die Harburger City war voller Menschen…jedenfalls in dem Bereich, der nicht abgesperrt war.
Und dieser abgeriegelte Bereich war groß!
Ich erfuhr durch den freundlichen Mann in Uniform, daß sämtliche Wohnungen und Geschäfte in einem großen Umkreis geräumt worden waren, darunter das Rathaus, das Standesamt, die S-Bahn Station Harburg Rathaus, ein Einkaufszentrum und das Helms-Museum.
Die 450 kg schwere Fliegerbombe war bei Baggerarbeiten in der Julius-Ludowieg-Straße gefunden worden.
Na,

Wer sich immer schon mal gewünscht hat, der eigene Arbeitsplatz würde in die Luft gesprengt….
Die Baustelle samt Fliegerbombe befand sich ungefähr 300 m von meinem Schlösschen entfernt.
Ich ging Richtung Fußgängerzone, um mir ein Bild von der Lage zu verschaffen. Dort bot sich mir ein seltsamer Anblick.
Die Geschäfte, die dem Fundort der Bombe zugewandt lagen, waren alle geräumt und geschlossen.
Die Läden auf der anderen Straßenseite hatten weiterhin auf.
Es wimmelte vor Menschen.
Sie telefonierten, saßen herum, schleckten Eis, bestaunten die geschlossenen Geschäfte, befragten die Polizei, waren genervt oder gelassen.
Ich bummelte ein wenig herum, immer mit Blick auf das rot-weiße Absperrband und die zahlreichen Polizisten.
Es wurde 16.45, 17.00 Uhr, 17.15 Uhr.
Gerüchte kursierten..die Entschärfung der Bombe hätte um 17.00 Uhr begonnen.
Die Fußgängerzone glich einem summselnden Bienenschwarm.
Es wurde 17.30 Uhr.
Ich erwartete nun mehr minütlich den Anruf meines Gastes.
Schließlich müsste dieser doch auch längst wissen, daß es kein Durchkommen ins Schlösschen gab.
Es wurde 17.40 Uhr.
Ich kaufte in einem Arko-Laden in Sichtweite des abgeriegelten Bereichs eine große Tüte Schokoladenpralinen.
Nach wie vor kein Anruf meines Gastes.
Es war 17.44 Uhr.
Die Bombe war entschärft, die Absperrung wurde aufgehoben.
Ich eilte durch menschenleere Straßen Richtung Studio. Es war wie in einem Science-Fiction-Thriller, gespenstisch leer…
Und dann tauchten sie aus allen Ecken auf…die Menschen eilten in ihre Wohnungen und Läden, Polizisten entfernten Flatterband und Absperrhütchen.
Um 17.50 Uhr schloß ich die Studiotür auf.
Um 17.55 Uhr brannte im gesamten Studio das Licht, aus dem CD-Player ertönten sphärische, ruhige Klänge, die Kerzen waren angezündet.
Um 18.00 Uhr klingelte es.
Mein Gast hatte an einem anderen Abriegelungs-Flatterband auf Einlass in die Julius-Ludowieg-Straße gewartet.
Mein Dank gilt den Sprengmeistern des Kampfmittelräumdienstes.
Durch ihre Arbeit haben sie dafür gesorgt, daß ich heute in einer Bombenstimmung nach Hause gefahren bin.
Weitere Infos zum heutigen Bombenalarm:
http://www.ndr.de/regional/hamburg/bombenfund105.html
Gruß,
LadyTanja