Selbstbewusstsein durch Erfahrung?

Ein Frage, die mich seit einiger Zeit umtreibt.

Wächst mit der Erfahrung bei der Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen (im allgemeinen und von Bizarr/Dominanten im speziellen) das eigene Selbstbewusstsein?

Dazu führte ich einige Diskussionen und als Grundtendenz war wohl die überwiegende Antwort ‚ja, ist gewachsen‘.

Die Argumente dafür sind nachzuvollziehen: man setzt sich (mindestens sich selbst gegenüber) mit seinen sexuellen Präferenzen auseinander, man spricht vielleicht sogar offener darüber. Man lernt seinen Körper, dessen Bedürfnisse und Wünsche besser kennen. Man hat Erfolgserlebnisse.
Alles Punkte, die ich nachvollziehen kann.

Wie sieht die Forengemeinde diese persönliche Entwicklung? Seid ihr selbstbewusstere Menschen geworden? Spürt ihr in euch eine Veränderung, eine Verbesserung?

Ich für mich habe da keinen Fortschritt ‚erlebt‘. Deshalb hatte ich auch die Diskussionen; ich kann nicht glauben, dass dem wirklich so ist – weil ich es in drei Jahren nicht erlebt bzw. geschafft habe. Mein Selbstbewusstsein hat sich definitiv nicht verbessert.

Gern würde ich verstehen, ob ich ein Einzelfall bin, oder die gängige Diskussionsmeinung vielleicht doch nicht so allgemeingültig ist. Eure Meinungen und Erfahrungen interessieren mich sehr.

Feuer frei …

Ich stimme mit JA

lord_of_the_board hat geschrieben:Ein Frage, die mich seit einiger Zeit umtreibt.

Wächst mit der Erfahrung bei der Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen (im allgemeinen und von Bizarr/Dominanten im speziellen) das eigene Selbstbewusstsein?

Wenn Du die Frage nicht aufgeworfen hättest, wäre ich gar nie auf die Idee gekommen, dass dadurch mein Selbstbewusstsein gesteigert werden könnte. Also ich bemerke keine Steigerung, insofern bist Du nicht ganz allein.

Aber sicher möglich, dass die Inanspruchnahme von sexuellen Dienstleistungen einigen hilft, ihr Selbstwusstsein aufzupolieren. Vielleicht speziell dann, wenn das Selbstwusstsein im sexuellen Bereich weniger ausgeprägt ist? Hmm...

Bei manchen soll auch schon ein fetter Ferrari in der Garage zu einer Steigerung des Selbstbewusstseins beigetragen haben. Porsche soll anscheinend auch helfen.

Danke für das bisheriger Feedback, ist ja gut gemischt.

Guenter. hat geschrieben: ...
Dieses Eigenschaftsmodell ist aber weitgehend überholt, weil es die jeweiligen Settings/Situationen ausklammert: So kann man in vertrauter beruflicher Umgebung viel "Selbstbewusstsein" zeigen, während es bei der Anbahnung sexueller Kontakte mit dem Selbstbewusstsein nicht weit her ist. (Z.B. auf einer Party oder in der Disco.) Solche Fälle sind gar nicht so selten und sie belegen, dass man immer den situativen Kontext beachten sollte.

Deshalb meine Frage an Lord: Auf welche Situationen beziehst du das im Eröffnungsposting beschriebene "Selbstbewusstsein"?

...

Sehe ich nicht ganz so. Sicher fühlt man sich auf vertrautem Terrain sicherer, trotzdem 'strahlt' meiner Meinung nach Unsicherheit auf der einen Seite auf die andere aus. Genauso Selbstbewustsein. Davon wird man sich nicht vollkommen lösen können. Deshalb ist der situative Kontex sicher eine Indikation, aber die Auswirkungen sind vermutlich weit über die jeweilige Situation hinein in das 'restliche Leben' zu spüren.

Mein Posting bezog sich deshalb nicht NUR auf die mit der Anbahnung von sexuellen Handlungen bezogenen Situationen, sondern auch auf die Auswirkungen im 'normalen' Leben. Anders gesagt: wenn ich irgendwo Selbstbewusstsein (oder Kraft) tanke, dann ist dieses Selbstbewusstsein hoffentlich immer vorhanden. Nicht nur beim Kobern. Oder auf dem Strafbock, nach weiteren 100 Hieben rufend ... obwohl, selbst das wäre ja schon ein Ergebnis ... welches ich aber nicht sehe, der gängigen Meinung nach aber sehen sollte. Deshalb die Frage in die Runde

Mein Selbstbewusstsein steigt definitiv. Ich
Kenne mehr Städte, mehr Studios, mehr DLs.
Das macht erfahren. Früher war ich extrem unsicher, heuten ich ich lockerer. Kommt besser an.

gunhead hat geschrieben:Mein Selbstbewusstsein steigt definitiv. Ich
Kenne mehr Städte, mehr Studios, mehr DLs.
Das macht erfahren. Früher war ich extrem unsicher, heuten ich ich lockerer. Kommt besser an.

Auch außerhalb der Studioumgebung im Privat-/Berufsleben?

Also mein Selbstbewusstsein hat sich gar nicht verändert. Klar gehe ich anders mit Dominas um als früher. Es ist mittlerweile unbefangener und ich kann meine sexuelle Einstellung besser vermitteln. Das hat wohl eher was mit Routine/Gewöhnung zu tun.
Aber sonst bin ich durchschnittlich selbstbewußt / weder ein totaler Checker noch das Gegenteil und war das auch schon immer. Mir fällt aber auf daß ich mit dominanten Frauen im beruflichen Umfeld besser zurecht komme als viele Kollegen (ohne dabei auch nur entfernt an Erotik zu denken).

Dazu entspannt es schon zu wissen wie man seine Kinks versorgt.

Ich habe in den vergangenen Monaten allgemein eine generelle Weiterentwicklung / Veränderungsphase durchgemacht. Diese ist nicht (allein) meiner Herrin geschuldet, schon gar nicht ursächlich. Aber Sie vermochte es, mir ebenfalls positive Impulse zu vermitteln - und ich war bereit, diese auch aufzunehmen.

Es geht dabei jetzt nicht unbedingt um Selbstbewusstsein. Da half mir eine andere Person wohl sogar etwas mehr.

Was ich aber mit Sicherheit sagen kann, ist folgendes: Die Besuche bei meiner Herrin machen mich jeweils sehr glücklich und zufrieden, ausgeglichen und entspannt. Dieses rundum gute Gefühl, das ich meiner Herrin zu verdanken habe, strahlt auch in den Alltag ab. Da gehe ich schon davon aus, dass diese positive Ausstrahlung auch von meiner Umgebung positiv aufgenommen wird, dass ich als Person eine bessere Wirkung auf Dritte habe und so allenfalls selbstbewusster oder entspannter etc. wahrgenommen werde, was in aller Regel hilfreich ist.

Der Kunde begibt sich ja freiwillig in die Hände der Domina, steckt die Grenzen ab und will das genau so.

Insofern kontrolliert im Endeffekt der Kunde, was gemacht wird. Er kann sogar den Ablauf der gesamten Session exakt vorgeben, wenn er es denn so will.

Parallelen von Seligmans Experiment mit Hunden zu SM-Erfahrungen von Menschen sind schon eine steile These. In meinen Augen ein Äpfel mit Birnen Vergleich.

Guenter. hat geschrieben: Ich hab kürzlich in einem Interview die folgende Aussage einer Prostituierten bezüglich ihrer Arbeit gelesen: "(...) das ist natürlich keine Lösung, sondern eine Sackgasse, weil die Prostituierte sie (die Männer) nur bestätigt, weil sie dafür bezahlt wird. Deswegen gehen Männer auch frustrierter weg als sie gekommen sind." Das gilt sicher nicht für alle Kunden, aber diejenigen, die letztlich doch frustriert sind, werden dadurch kaum ihr Selbstbewusstsein stärken.

Da frage ich mich doch, wie lange diese Männer weiter zu Prostituierten gehen, wenn sie danach frustrierter und unglücklicher als vorher sind.
Aber sag das mal einem Spielsüchtigen, dieser wird trotzdem weiter spielen, obwohl er nach dem Geldverlust todunglücklich ist.

Ich möchte nicht einmal ausschließen, dass das Selbstwusstsein dieser Männer trotzdem steigt. Der Frust kann ja auch eine ganz andere Ursache haben, z.B. das schlechte Gewissen nach dem Akt, welches sich aber nicht unbedingt auf das Selbstbewusstsein auswirken muss. Wie soll die Prostituierte den Frustrationgrad des Kunden nachher überhaupt beurteilen können?

Im Grunde wieder einmal alles Vermutungen, wirkliche Erkenntnisse bringt die Diskussion in diese Richtung leider nicht.

Du schreibst immer recht ausführliche Beiträge mit viel psychologischem Hintergrundwissen. Hast Du dazu einschlägiges Fachwissen?

Auf mein Selbstbewusstsein im Allgemeinen hatte das alles gar kein Einfluss. Bin generell eher ein ruhiger Typ und da haben auch die SM-Erlebnisse nix dran geändert. Obwohl ich diese ganzen Erlebnisse und Erfahrungen natürlich nicht missen möchte und auch noch lange nicht alles durchgespielt habe was mich interessiert.
In Bezug auf Dominas, ich bin zwar nicht mehr so scheu wie beim allerersten Studiobesuch. Ich merke aber trotzdem noch Unterschiede die ich mir nicht immer erklären kann. Es gibt Frauen da sitze ich total verkrampft da. Und dann gibt es Frauen da kann ich sofort draus los quatschen...

Bin immer neugierig und habe zum Thema eine Umfrage gebastelt: topic55378.html 😁

Atriox hat geschrieben:

gunhead hat geschrieben:Mein Selbstbewusstsein steigt definitiv. Ich
Kenne mehr Städte, mehr Studios, mehr DLs.
Das macht erfahren. Früher war ich extrem unsicher, heuten ich ich lockerer. Kommt besser an.

Auch außerhalb der Studioumgebung im Privat-/Berufsleben?

Ja, ich finde schon. Das ausleben macht irgendwie lockerer. Man ist nicht mehr Sklave seiner Phantasie.

Das ausleben macht irgendwie lockerer. Man ist nicht mehr Sklave seiner Phantasie.

Ganz genau!
Gruß

Danke an die vielen Antworter, speziellen Dank an Atriox auch für die Erstellung der Umfrage. Hatte mich damit noch gar nicht beschäftigt und wollte auch mal das verbale Feedback sehen - ist aber gut, mal die Abstimmungsergebnisse zu sehen. Bin gespannt, was da noch kommt.

Danke auch an Guenter für die ausführlichen Beschreibungen. Ich finde mich da irgendwo wieder.

Ist grundsätzlich schon interessant, dass es doch unterschiedliche Wahrnehmungen dazu gibt.
So long.